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Trainingslager der Breitensportgruppen auf dem Rabenberg (11.-13.07.25)

Kühl und frisch sind Köpfe, Körper und Witterung, als wir Freitagnachmittag ähnlich steif wie erwartungsvoll aus dem Auto klettern und über das regenfeuchte Gelände des Sportparks Rabenberg spähen. Heimelig, vertraut beugen sich die glänzenden Nadelbäume heran und – flugs nun! Flink! Das Training! Traditionserweiternd hat Steve schon zur freiwilligen Warm-Up-Session vor dem Abendessen geladen! So abrupt, ganz spärlich eingeleitet, wie wir uns nun in diesem Berichtlein wiederfinden, stolpern wir also auch in unser Trainingslager-Wochenende hier in der Erzgebirgsidylle.

Zu Beginn der offiziellen Trainingseinheiten lugen wir stets von Antonias kräftiger Stimme geführt, die beinahe wie eine starke unsichtbare Hand abwechselnd unsere Füße bewegt, in die einsam-gemeinsame Welt des Line Dance. Wir tippen und drehen, klatschen, beugen die Knie und laufen im Kreis, bis wir zur verklingenden Musik einander mit dem kollektiven Lächeln eines geglückten Gruppentanzes zublinzeln. Sogleich finde man im zurückbleibenden Wirrwarr der Einzelkörper den Partner! Und tatsächlich greifen sich stracks Hände fest und vielleicht etwas beruhigt, nun die Sicherheit an der eigenen Seite zu wissen, beginnen wir aufgewärmt den ernsthaften Teil des Trainings.

Von der heimlichen Dominanz der lateinamerikanischen Tänze über dieses Wochenende kündet schon das kleine Cha-Cha-Fölgchen – schnell erlernt, rekapituliert und ausgefeilt – mit seinen Cross Body Leads, dem Hip Twist Chassé und einem Hüpferchen der Damen. Auf Steves umsichtiges Anraten hin drehen wir natürlich nur zueinander durch, ohne im Kopf durchzudrehen, und werden dafür alsbald lobend mit einem Kinder-Schoko-Bon gestärkt.

Doch erahnen wir die Dringlichkeit dieser süßen Aufmunterung noch nicht: Nur Minuten später – Wie schnell ändert sich die Welt! – verharren die Herren mit verkniffener Mine in ungewohnter, die Kräfte verzehrender Körperhaltung. Breitbeinig erstarren wir, die klagenden Arme zum Rahmen erhoben, in den sich die Dame elegant – Doch kräftig, so kräftig! – stützt und in Swivels mit hübschen Füßen hin- und herkehrt. Noch Stunden später versichern wir uns bei anderen Damen und Herren flüsternd, dass hiernach tatsächlich einige Muskeln langandauernd jammern. Bald aber – allmählich angefreundet mit der Vorübung – führen die Herren schon lockerer mit einem Cucaracha-Fluss in den Hüften die gemeinsame Bewegung an und prägen sich eifrig ein: Die Dame ist das Ende und schwingt nach!

Von Antonia und Steve graziös und sorgfältig ausgeführt tritt uns am nächsten Morgen endlich der Zweck der gestrigen Tortur vor die weit aufgerissenen Augen: Eine verspielte, stürmische Rumba-Folge mit expressiven Sliding Doors, handumschlungenen Unterarmen, zahlreichen „unds“ und Richtungswechseln. Die Gruppe schweigt entgeistert. „Ich habe mit Jubelschreien gerechnet“, lacht Steve in die plötzliche Stille. „Morgen“, so ein leises Rüflein und sachte applaudiert die Gruppe – vielleicht ängstlich die folgenden Stunden des mühsamen Lernens, Zählens, Denkens, In-den-Körper-Prügelns binnen Sekunden vorausgesehen. Noch schüchtern finden wir uns also vor dem Spiegel ein. Doch schon üben wir emsig einzeln die Schritte der Schiebetür – die Damen hinter Antonia, die Herren hinter Steve. Und als wir ins Paar zurückkehren, verbissen jeder an seinen Füßen feilt, im richtigen Moment die richtige Hand zu greifen, die Raumorientierung zu wahren sucht und immerzu im Ohr behält: „Belasten, belasten, belasten!“, ergänzt Steve mit einem Schmunzeln: Im Idealfall könne man die Dame auch noch anschauen. Und Steves Zuversicht obsiegt: Gegen Sonntagmittag klappt auch dies!

Damit sich die armen Standardtänze nicht traurig vergessen fühlen, widmen wir die erste Sonntagseinheit dem Langsamen Walzer. Wir fließen umeinander, die rechte Seite des Herren wie ein Sog, der die Dame um ihn zieht, schweben weit, heben und senken gemeinsam und weil sich die Arme uns noch nicht recht unterwerfen wollen, stimmen wir Steve mit einem unsicheren Lachen zu, als er fragt: „Wir lassen die rechte Schulter unten und dafür den Ellbogen oben. Ist das ein Deal?“

Nach zwei aufeinanderfolgenden Trainingseinheiten legen wir die Folgen also täglich ad acta und wanken geistig und körperlich gut durchgewalkt zum umfänglichen, vorzüglichen Buffet – dem allgegenwärtigen, bald ersehnten, bald schon wieder winkenden Begleiter unserer Rabenberg-Tage. Und während wir da plaudernd speisen, tropft Samstag der Nieselregen an die Scheiben und verhängt trübkalt die Fernsicht, dass wir entscheiden: Drinnen ist’s gemütlicher! Statt der geplanten nachmittäglichen Wanderung entspannen wir wohlig in der Sauna, beim Schläfchen oder Schwimmen, beim Billard und beim Tischkicker. Und für all diejenigen, die am Morgen noch tanzungesättigt blieben, öffnet sich der Trainingssaal behaglich zum freien Tanzen und Rekapitulieren.

Abends zelebrieren knallende Korken die Gemeinschaft. Mit vorausahnend gekühltem Sekt, einem hochgeschätzten Holunderblüten-Likör aus dem Hause Hädicke und allerlei Naschereien klingt der Freitagabend so stimmungsvoll gesprächig aus, dass nach amtlicher Ermahnung bald alles Lachen und Quatschen wie auf Klassenfahrt von „Pscht!“-Verlautungen durchdrungen werden muss. Zurückhalten müssen wir uns dagegen am Samstagabend nicht, als sich dreiundzwanzig Menschen vereint um zwei Bowling-Bahnen drängen und jeden Spare, jeden Strike mit Klatschen und Freude würdigen. Interessiert beäugen und kommentieren wir uns entgegenfliegende, beim Anlauf plötzlich fallende und sanft in Richtung Pins gleitende Kugeln. Und nachdem wir kurz nach Zehn die Zusammenkunft auf eine zusammengeklaubte Sitzgruppe im Foyer verlagern, verkonsumieren wir erzählend und lachend auch noch die Überreste des Vorabends.

Als am Sonntag – ganz plötzlich, so fühlt es sich an – gegen 12:15 Uhr der letzte Tanzeinheitenblock mit einem Cooldown endet, drehen wir uns unserer Partnerin, unserem Partner zu, nehmen dieses liebe Wesen in den Arm, legen alle kleinen Streitigkeiten bei und bedanken uns aufrichtig für das erfolgreiche Training. Doch ehrlich, in mir ruft es: Eigentlich sollten wir diesen Akt der wortlosen Zuneigung, des Zusammenhaltes, der ausgesprochenen Dankbarkeit noch einmal im großen Kreis vollziehen. Dank an jeden Einzelnen für dieses leichtherzige Beisammensein, die Gespräche, all das Lächeln und die Nähe. Doch vor allem an Steve und Antonia, die unermüdlich dieses lehrreiche, gemeinschaftsstiftende Wochenende erst möglich machten und uns mit ihren lieben Worten und Gesten durch zweieinhalb unvergessliche Tage leiteten und begleiteten.

Ein Bericht von Anna Marie Fichtl