Trainingslager der Breitensportgruppen Dresden und Laußnitz im Sportpark Rabenberg.
Nach zwei Jahren pandemiebedingter Pause beginnt das Breitensport-Trainingslager im Sportpark auf dem Rabenberg, als wäre die Tradition nie gebrochen, mit der obligatorischen Schlüsselabholung bei Herrn Rupp in strahlendem Sonnenschein. Nicht nur der Zimmerschlüssel erwartet uns, auch ein von Frau Rupp geschnittenes und gereichtes Baumkuchenscheibchen empfängt uns süß. Und so ziehen nach und nach alle so liebevoll begrüßten Paare in Häuschen 7 ein und wandern bald zum Abendessen über das Gelände.
Vier Achtertischchen sind umringt von eifrigen Tänzer*innen, die sich nun vor dem ersten Training so ausgiebig mit neuer Kraft versorgen, dass der Zeitplan gleich angepasst werden muss. Jede Mahlzeit ist ein Mehrfachgang zum Buffet – ein Genuss, der alle soeben oder bald abtrainierten Kalorien in doppelter, dreifacher Menge den Körpern zurückführt – ein Meer aus Salaten, Nachtischen, Nudelauswahl und einer Handvoll leckerer Hauptgerichtvarianten, zum Frühstück durch reichhaltige Müslivariationen und Obst ersetzt.
Mit zwanzigminütiger Verspätung rücken wir also zum ersten Mal in den Tanzsaal ein. Neun Stunden Tanzvergnügen strecken sich über drei Trainingstage – und um die Trainerherzen zu befriedigen, sei hinzugesetzt: Das Vergnügen geht ganz Hand in Hand mit nett gespannten Muskeln, Muskelkater und einer Menge Wissen, das noch in Kopf und Körper darauf lauern wird, im nächsten Training wieder angewandt zu werden. Neun Stunden sind es, die viel zu schnell vergehen in ihrer Vielfalt, ihrer abwechslungsreichen Mischung aus Standard und Latein, aus Discofox und Kreistänzen, aus Schreittanz und Countrydance. Der Dank gilt Steve, Kassandra, dem Ehepaar Rupp – den Trainern und Trainerinnen, die uns fordern, korrigieren, loben, lachen lassen und uns ein Wochenende voller Tanz und Freude schenken. Das Training beginnt. Kassandra wärmt unsere erwartungsvollen Körper auf, lässt sie auf der Stelle gehen, mit rechten Händen linke Füße greifen und immer wieder dringt ein Kichern durch den Saal, wenn jemandem die Koordination abhandenkommt. Auf die Matten! Auf die Bäuche – die vollgefutterten Abendbrotbäuchlein – und im Takt der Musik heben wir Arme und Beine an. Das Essen lacht im Magen, aber wir sind warm. Und dann beginnt der Paartanzpart: Aufmerksam beobachten wir Steve und Kassandra, unser Trainerpaar, ahmen nach, setzen ihre Worte, ihre Demonstrationen am eigenen Leibe um und freuen uns, wenn das Gezeigte auch dort ganz gut gelingt. Ins Schwitzen geraten wir schon, als wir unsere Füße im Grundschritt des Langsamen Walzers herausführen und einziehen und immerfort heben und senken, bis die Oberschenkel brennen, das Wasser den Nacken hinabrinnt, sich im Hosenbund sammelt und endlich, endlich kurz die Musik verstummt, um uns Angestrengten einen Verschnaufmoment zu geben.
Bald schon drückt Steve Frau Rupp flüsternd ein Tütchen Gummibärchen in die Hand und immer wieder springt sie aus ihrer wachsamen Beobachtungsposition auf und verteilt die kleinen Naschereien an Pärchen, die eine Übung ganz hervorragend gemeistert haben und das süße Lob mit Lächeln empfangen. Unsere Hüften malen liegende Achten in der Rumba, tragen uns im Bounce durch den Rhythmus einer neuen Sambafolge, klappen im Wiener Walzer auf, dem Partner, der Partnerin Raum zu geben. Beim Federschritt bewundern wir im Spiegel unsere von Steve so liebenswürdig gerühmte „schlanke linke Seite“, lassen die Damen im Discofox unter Herrenarmen durchtauchen und stellen uns der Wärme mit flinken Jive-Figuren. Den Blick manchmal hinausgerichtet in die pralle Sonne, die stehende heiße Hitzewellenluft und auch wenn wir hier drinnen schwitzen, sind wir doch froh, nicht da draußen zu sein, denn dort ist es wärmer noch als hier im intensiven Training. Und umso mehr freuen wir uns, dass wir uns bei Spaßtänzen am Ende einer Trainingseinheit sachte erholen können. Herr Rupp leitet uns mit gewohnt kraftvoller Stimme an: Er führt uns in die 20er Jahre, ins Wien des frühen 19. Jahrhunderts, nach Amerika, stimmt die Bierkosterinnen auf ihre Brauereiführung ein. Manchmal trifft sich ein neues Paar für einige Takte nur, manchmal trennen sich die Pärchenbande gänzlich und wir tanzen vor dem Spiegel aufgereiht allein. Eine Quadrille bringt die Paare schreitend einander nahe, lässt sie grüßen, kreisen, die Damen wechseln, vom Herren leitend in den Arm genommen. Und so klingt eine jede Einheit ganz gemütlich aus.
Nach dem samstäglichen Mittagessen ist das Training des Tages absolviert und gut gesättigt geht es in die Freizeit. Ein Teil der Gruppe begibt sich auf den Abstieg zur erfrischenden Bierverkostung in „Kunos Braugasthaus“. Drei gefüllte Bierhumpen entschädigen zum Glück für den allzu schweißtreibenden Marsch. Währenddessen trotzen andere der Hitze ohne alkoholische Untermalung und erkunden wandernden Fußes die Gegend um den Rabenberg, entspannen lesend im kuscheligen Freibad oder erholen sich mit einer Ruhe- oder Lernpause von der körperlichen Anstrengung. Auch der nahegelegene Fichtelberg ruft einige Tänzer*innen zu sich: Mit Sessellift, Seilbahn, hoch oben in den Baumwipfeln rutschend, auf Monsterrollern und Sommerrodelschlitten geht es den Berg herauf und herunter. Und während die Trainierten den freien Nachmittag genießen, ist für Steve die Arbeit noch nicht geschafft – unser emsiger Trainer kehrt am Abend mit dem Landesmeistertitel zu uns zurück.
Mit mehrfachen „Quick, Quick, Slow!“-Rufen und einem Hoch auf unseren Landesmeister beginnt der gesellige Abend in der Grillhütte. Zusammengedrängt auf Holzbänken, gut mit Leckereien, Naschereien und alkoholischem Allerlei versorgt quatschen, lauschen, trinken wir bis in die Nacht, tauschen Geschichten aus und genießen den lauen Sommerabend. Mehrfach geht Eierlikör in Schokobechern um. Geleebananen warten ungeduldig auf ihren Verzehr. Und auch ein Fläschchen Wodka darf natürlich nicht fehlen.
„Ihr habt mir alle gefallen!“, ruft Frau Rupp am Sonntag gegen Ende des Trainings und jedes Pärchen bekommt nun doch noch seine ganz persönliche Gut-gemacht-Gummibärchentüte. Mit Süßigkeiten, vielen Erkenntnissen und wohlig angestrengten Gliedern verlassen wir wehmütig, dass dieses schöne Wochenende allzu schnell vergangen ist, den Tanzsaal. Ein letztes Mal finden wir im Speiseraum zusammen, bevor sich unsere Wege trennen und die einen in die Heimat, andere in den nahegelegenen Kletterwald führen – und mindestens einen Unermüdlichen sogleich zurück in seine Tanzschuhe und das eigene Dresdner Vereinsheim.
ein Bericht von Anna Marie Fichtl